Tor! Europa sitzt vor der Glotze oder beim Public Viewing (wenn es gerade mal nicht regnet). So auch ich. Dabei fällt mir einmal mehr auf, dass der Fußball, wie auch andere Sportarten, für Übersetzer und Dolmetscher gewissermaßen ein ganzes Spielfeld voller einladender Fallgruben und Stolpersteine bietet. Wer sich da nicht auskennt, hat sich schnell verdribbelt und riskiert, vom Platz gestellt zu werden. Denn der Jargon wartet mit etlichen Fachwörtern und Metaphern auf, die sich nicht eins zu eins übersetzen lassen.

Fußball in Frankreich

Ich nehme – da die EM ja auch gerade in Frankreich stattfindet – gerne das Französische als Beispiel. Hätten Sie gewusst, was eine bicyclette ist? Sicher hat der ein oder andere das noch aus Schulzeiten im Hinterkopf: ein Fahrrad. Natürlich! Aber was macht ein Fahrrad auf dem Fußballplatz? Will Thomas Müller damit etwa noch schneller zum Tor? Nein. Eine bicyclette ist im Fußball ein Fallrückzieher (und passt somit zumindest doch ganz gut zu Thomas Müller!). Französische Fußballfans hingegen würden sich sicher sehr wundern, spräche der Sportkommentator von einer hirondelle. Denn französische Spieler machen keine Schwalbe. Nein, sie lassen sich ganz unprosaisch einfach fallen, ils se laissent tomber. Im Übrigen schneiden die Spieler der Équipe tricolore ihre Bälle auch nicht an, sondern sie „bürsten“ sie. Denn ein angeschnittener Ball ist im Französischen une balle brossée (Nein, Kopfkino aus! Les Bleus laufen nicht mit Haarbürste in der Hand auf). Ein Tor schießen heißt nicht etwa tirer une porte (was man ins Deutsche zurückübersetzen könnte mit „eine Tür ziehen“), sondern marquer un but (was sich wiederum mit „ein Ziel markieren“ ins Deutsche übersetzen ließe.)

Weitere Fallgruben für Übersetzer

Nun könnte man denken, zumindest die Flanke wäre wörtlich zu übersetzen. Schließlich gibt es das Wort im Französischen auch: un flanc. Und es bedeutet sogar Flanke. Aber nicht beim Fußball! Da ist die Flanke un centre. Und auch im Strafraum kann der unkundige Übersetzer nicht ungestraft agieren, so er nicht die rote Karte (le carton rouge, das zumindest funktioniert wörtlich) sehen möchte: Denn der Strafraum heißt nicht etwa espace de punition, sondern surface de réparation oder schlicht les seize mètres. Der Elfmeter wiederum heißt aber nicht – wie man nun meinen könnte – les onze mètres, sondern le penalty.

Sie sehen, profunde Fachkenntnisse sind – übrigens in jedem Fachgebiet – unabdingbar. Amateuren kann da leicht ein unbeabsichtigtes Foul unterlaufen oder gar ein Eigentor…

 

Fachübersetzer spielen Profiliga – Tor!!!