Und tschüs! Durch die Medien hat sich dieses norddeutsche Grußwort vor allem seit den 70er-Jahren in ganz Deutschland verbreitet und gilt heute als modern-lockerer Gruß für (fast) alle Lebenslagen. In ganz Deutschland? Nein! In Bayern gibt es noch immer ein paar Unbeugsame, denen dieses kleine Wort so gar nicht über die Lippen will. So manchen plagen regelrecht Schmerzen, wenn dieses Wörtchen an sein Ohr gelangt, und besonders bei den Varianten „Tschüssi“ oder gar „Tschüssikowski“ biegen sich einigen Bayern schier die Zehennägel aufwärts. Eine Passauer Schule hat sich 2012 sogar zur tschüs-freien Zone erklärt. Wie kommt das? Es drängt sich der Verdacht auf, diese Abneigung liege einfach daran, dass „Tschüs“ eindeutig ein norddeutsches – und damit „preissisches“ – Wort ist. Aber ist es das wirklich?

Woher kommt das Tschüs?

Auf welchen Wegen das „Tschüs“ in die deutsche Sprache gelangt ist, lässt sich heute nicht eindeutig belegen. Sicher ist nur, dass es sich letztendlich vom lateinischen ad deum (zu Gott) herleitet und über das französische adieu oder das spanische adiós ins Deutsche übernommen wurde. Jedenfalls ist es im norddeutschen Raum viel gebräuchlicher als im Süden, wo von jeher das ebenfalls aus dem Lateinischen stammende „Servus“ bevorzugt wird.

Das Ü – ein Unlaut

Doch kommen wir zurück zu der tschüs-feindlichen Einstellung der Bayern. Neben dem geographischen gibt es nämlich auch einen phonetischen Grund für die Ablehnung der nordisch-modischen Breitband-Grußformel: Es ist der Laut „ü“! Denn in der bayerischen Mundart gibt es diesen Laut gar nicht. Jetzt werden Sie sicher sagen, dass es aber doch viele Wörter mit „ü“ gibt. Und damit haben Sie sicher recht. Nur spricht der Bayer dieses „ü“ eben nicht als solches aus.

Oft wird aus dem „ü“ einfach ein „i“, wie zum Beispiel in Biffe (Büffel), Hittn (Hütte) oder auch Minga (München). Manchmal wird das „ü“ auch zu einem „ia“, wie in Fiaß (Füße), Dia (Tür) oder Kiah (Kühe). Aber das „ü“ kann sich auch zum „u“ wandeln, wie in Bruckn (Brücke) oder drucka (drücken); oder auch zum „ui“, wie in Gfuih (Gefühl), Muih (Mühle). Und sogar ein „ea“ ist anstelle des „ü“ möglich, wie in grea (grün) oder Bleame (Blümchen). In phonetischer Hinsicht sind Dialekte wahre Meister der Verwandlung!

Ganz oft aber wird das hochdeutsche Wort mit dem lästigen „ü“ im Bayerischen elegant gleich durch ein ganz anderes Wort ersetzt. So wird aus der Mücke ein Stans, aus dem Küken ein Biberl, aus der Pfütze eine Lacha.

Also kein Ü

Zum „ü“ gespitzt werden die Lippen in Bayern also allenfalls zum Zutzeln der Weißwiascht (Weißwürste) oder zum Busseln (Küssen). Oder vielleicht noch für moderne Wortschöpfungen wie Müslifrühstücksbüffet oder Rührflügelhülle…

Aber wie verabschieden sich dann die „tschüsophoben“ Bayern? Richtig – mit Servus oder Pfiati.

In diesem Sinne: Habe die Ehre!